Bogenjagd allgemein
Dietmar Vorderegger
Die Bogenjagd ist der eigentliche Grund, dass der Bogensport und damit auch das 3-D-Schießen überhaupt existiert bzw. immer mehr Zulauf erhält. Begonnen hat alles in den USA vor rund 100 Jahren.
Was hat die Bogenjagd mit dem 3-D-Bogensport zu tun? Nun, alleine schon das Aussehen der Ziele verrät, dass es hier einen Zusammenhang geben muss. Und tatsächlich ist das 3-D-Schießen aus der Bogenjagd entstanden. Und natürlich ist der Ursprung der Bogenjagd in den USA zu finden. Da es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch Jagdsaisonen gibt, haben sich findige Bogenjäger schon vor geraumer Zeit das Schießen auf Tierbilder und später dann auf 3-D-Ziele einfallen lassen.
Historisches
Ohne jetzt bis in graue Vorzeit zurückzugehen, in der der Bogen von allen Kulturen als Jagdwaffe benutzt wurde, so kann man die Anfänge der modernen Bogenjagd mit den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts festlegen. Die in der „Bogenfachliteratur“ so hochgelobten Pioniere waren zur damaligen Zeit sicher Typen, die von ihrer Umgebung als – sagen wir´s mal vorsichtig – sonderbar eingestuft wurden.
Gerne wird Dr. Saxton Pope genannt, der in den 20er-Jahren mit Freunden alle möglichen Tiere in Nordamerika geschossen hat. Obwohl Akademiker, würde mich interessieren, was die damaligen Zeitgenossen über den Herrn Doktor so gedacht haben. Auch sonst gibt es eine Reihe von Bogenjägern, die damals meist mit selbst gebautem Equipment auf die Bogenjagd gingen.
Sieht man sich Videos von damaligen Jagden an, so muss man ehrlicherweise auch feststellen, dass diese Herren sich wenig um Jagdethik und derlei „Nebensächlichkeiten“ kümmerten. Da wurde einfach auf das Tier geschossen, wo es am dicksten ist, da wurde auf Entfernungen geschossen, wo ein Treffer nur mehr Zufall sein konnte. Und trotzdem sehen viele moderne Bogenjäger in ihnen so etwas wie ein Vorbild. In der Archery Hall of Fame (= Bogensport-Ruhmeshalle) kann man die meisten heute noch bewundern.
Die Bogenjagd wurde in den 30er-Jahren in den USA eingeführt; und zwar 1934 im Bundesstaat Wisconsin. Die Anzahl der Bogenjäger hielt sich allerdings in Grenzen, war es doch relativ schwierig, mit dem damaligen Equipment auch tatsächlich erfolgreich zu sein.
Im Jahr 1969 meldete ein gewisser Holless Wilber Allen einen neuen Bogentyp zum Patent an; den Compound. Damit und mit den einige Jahre später neu entwickelten Aluminiumpfeilen konnte nun fast jeder in kürzester Zeit relativ gute Trefferergebnisse erzielen. Von nun an gewann die Bogenjagd in den USA immer mehr an Bedeutung. In der Folge kam es auch zu sehr vielen Innovationen, die die Jagd mit Pfeil und Bogen wesentlich einfacher machten. Heute sind es schätzungsweise 3,9 Millionen Amerikaner, die in eigens dafür eingerichteten Jagdsaisonen auf die Pirsch gehen.
Und dahinter steht einen Milliarden-Industrie. Laut TODAY´S BOWHUNTER setzt die Branche im Jahr 13 Milliarden USD um. Gäbe es die Bogenjagd in der Form, wie wir sie heute in den USA haben nicht, gäbe es auch den Bogensport in der Form bei uns nicht. Weder 3-D-Bogenschießen noch die Entwicklungen am Compound-Sektor wären möglich. Und den Hardcore-Traditionellen sei gesagt: Auch das traditionelle Bogenschießen gäbe es in der heutigen Form sicher nicht. Die Bogenjagd ist eindeutig der „Motor“ des Bogensports.
Wo kann man Bogenjagen?
USA, Kanada
Das Land der Bogenjagd schlechthin sind die USA. Millionen von Bogenjägern sind hier in der Jagdsaison unterwegs. Zu den Jagdsaisonen für Gewehr und Vorderlader, gibt es eine eigene Jagdsaison für Bogenjäger.
Und hier ist die Jagd mit Pfeil und Bogen denkbar einfach. Man kauft sich – teilweise an Tankstellen – eine Jagdlizenz; und los geht´s. Die Preise für Abschüsse halten sich dabei in Grenzen. Einige zig Dollar für einen Whitetail oder ein Muledeer sind da nur zu berappen. Für größere und seltenere Tierarten, wie den Wapitihirsch (Elk), werden diese Lizenzen auch schon mal verlost. Jagdprüfung in unserem Sinn gibt es nicht.
Viele sind auch keine Trophäenjäger. Sie jagen, um „über den Winter zu kommen“. Da das Fleisch der erlegten Tiere nicht verkauft werden darf, muss jeder Jäger es selbst verwerten. Und da ist dann die Gefriertruhe mit Wildfleisch randvoll.
Auf öffentlichem Land kann zudem jeder jagen. Schwierig wird es, die richtigen Gebiete zu finden, wo die Jagdaussichten erfolgversprechend sind. In der Regel wird man als Unkundiger in der Gegend wenig Chancen haben. Deshalb braucht man entweder einen Bekannten oder einen Outfiter, der dann aber dementsprechend „die Hand aufhält“.
In Canada läuft es ähnlich. Allerdings braucht man hier als Auswärtiger verpflichtend einen Führer, was die Sache dann unter Umständen sehr teuer macht.
Südafrika/Namibia
In den letzen Jahren ist die Bogenjagd im Süden Afrikas neben der normalen Gewehrjagd zu einem relativ bedeutenden Wirtschaftszweig geworden. Allerorts sprießen so genannte Jagdfarmen aus dem Boden. Einige haben sich komplett auf Bogenjäger spezialisiert.
Ganz Südafrika und Namibia ist eingezäunt. Man trifft hier überall auf Weidezäune oder Wildzäune. Letztere umgeben die Jagdfarmen. Zum einen ist das ein Schutz gegen Wilderei. Gäbe es diese Zäune nicht, wäre das Gebiet in kürzester Zeit leer geräumt. Zum anderen hält man natürlich das Wild in einem begrenzten Gebiet und kann auch die Wilddichte höher halten. Betreiber solcher Jagdfarmen sind ähnlich wie die Besitzer unserer Jagdgebiete verpflichtet, den Wildbestand zu regulieren. Game Management (Wild-Management) nennt man das. Die Farmen haben aber teilweise sehr große Ausmaße. Von 1.000 ha (Anm. 1 ha = 100 x 100 m) bis einige tausend ha kann so eine Jagdfarm groß sein. In Namibia, wo wesentlich weniger Wasser vorhanden ist, sind sie einige 10.000 ha groß. Die Jagdfarm, die ich bisher immer besucht habe, war rund 1.800 ha groß und der Zaun rund herum war 22 km lang. Und hier auf der Pirsch ein Tier mit dem Bogen zu erlegen, ist dann schon eine Herausforderung. Mir ist es in den 12 Jahren, in denen ich auf die Bogenjagd gehe, noch nie gelungen.
Europa
Die Situation in Europa ist nicht so einheitlich. Bedingt durch unterschiedliche Jagdtraditionen gibt es auch die unterschiedlichsten Regelungen. Einheitlich dürfte aber sein, dass man zumidest eine „normale“ Jagdprüfung besitzen muss.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Bogenjagd verboten. Obwohl es Vereinigungen wie den Deutschen Bogenjagd Verband (DBJV) oder den Österreichischen Bogenjägerverband (BFA) gibt, sind die Bemühungen um die Legalisierung der Bogenjagd hierzulande nicht von Erfolg gekrönt. Und der Autor dieser Zeilen ist sich selbst nicht ganz sicher, ob es sinnvoll ist, dies auch tatsächlich zu erreichen.
Das Land mit der längsten Bogenjagdtradition in Europa dürfte Frankreich sein. Seit 1970 ist die Jagd mit Pfeil und Bogen dort erlaubt. Derzeit soll es rund 15.000 aktive Bogenjäger geben. In Frankreich wird neben der normalen Jagd gleichzeitig auch die Bogenjagd ausgeübt.
In Italien wird die Bogenjagd – obwohl offiziell erlaubt – durch lokale Bestimmungen sehr oft eingeschränkt. Wer also hier auf die Jagd geht, sollte sich vorher genauestens darüber erkundigen.
In Ungarn kann man seit 1993 auf alle Wildarten mit Pfeil und Bogen jagen. Hier ist der Bogen als Jagdwaffe voll akzeptiert. Um allerdings hier zu jagen, braucht man neben der staatlichen Jagdprüfung zusätzlich eine bogenjagdspezifische Prüfung. Rund ein Prozent der ungarischen Jäger gehen auch mit dem Bogen auf die Jagd. Informationen zu den einzelnen europäischen Ländern erfahren Sie auf der Website des DBJV (www.dbjv.org)
Australien, Neuseeland
Seit den späten 70er-Jahren ist die Bogenjagd in Australien erlaubt. Einige Tierarten, die bejagt werden können, sind im Laufe der Geschichte eingeführt worden und unterliegen keinen Abschussquoten. Damit ist die Jagd in Down Under relativ günstig.
Bogenjagdausrüstung
Obwohl die Bogenjagd prinzipiell mit jedem Bogen möglich ist, der eine bestimmte Stärke hat, scheint es doch ratsam, sich auf die leistungsfähigsten Bögen – und das sind nun mal Compoundbögen – zu verlegen.
Zum einen geht es um die Treffergenauigkeit, zum anderen aber auch um die Wirkungsweise der Pfeile.
Genauigkeit und Entfernung
Spricht man mit Bogenschützen, die keine geprüften Jäger sind, so kann man die abenteuerlichsten Geschichten zur Bogenjagd hören. Aber oft muss ich auch bei Jägern den Kopf schütteln. Mein Freund Benito van Leeuwen – er ist in Südafrika der oberste Bogenjäger im Verband – macht mit seinen Jagdgästen folgenden Test, um die Jagdentfernung für den Schützen und seinen Bogen individuell festzulegen: Er lässt die Jäger auf eine kleine FITA-Scheibe (Durchmesser rd. 20 cm) auf fünf Meter schießen. Man muss nun fünf Pfeile in diese Scheibe bringen. Sind alle Pfeile innerhalb der Scheibe, geht man einen Meter zurück und verfährt in gleicher Arte und Weise. Man schießt also je fünf Pfeile auf fünf, sechs, sieben usw. Meter. Sobald der erste Pfeil nicht mehr auf der Scheibe ist, hat man seine persönliche Jagdentfernung gefunden.
Bogenjäger mit traditioneller Ausrüstung kommen dabei selten über acht Meter hinaus. Ich hatte meinen ersten Abschuss mit dem Langbogen. Bereits beim zweiten Versuch habe ich ein Stück verloren. Obwohl ich mit dem Langbogen einigermaßen umgehen kann, habe ich mich entschlossen, ab diesem Zeitpunkt nur mehr mit dem Compound zu schießen. Man fühlt sich einfach wesentlich sicherer als mit einem traditionellen Bogen.
Wohin schießt der Bogenjäger?
Ein Bogenjäger sollte möglichst einen doppelten Lungenschuss anbringen. Die Trefferfläche ist dabei – logischerweise von der Größe des Tieres abhängig – nicht allzu groß. So rund 20 cm im Durchmesser wird sie sein. Und hier muss der Pfeil landen, wenn man eine ehrliche Einstellung zur Bogenjagd hat.
Und trotzdem hört man immer wieder schauerliche Geschichten. So erklärt mir in regelmäßigen Abständen ein österreichischer Langbogenschütze, der bei einem Turnier gerade mal die 300er-Marke überspringen kann, dass er auf der Bogenjagd wesentlich besser trifft.
Ein anderer erzählt ebenfalls mit Stolz, dass er ein Tier auf 60 Schritte knapp unterschossen hat. Andere noch abenteuerlichere Geschichten möchte ich hier gar nicht zum Besten geben.
Die Genauigkeit hängt, wie wir gesehen haben, mit der Entfernung zusammen. Dabei geht es nicht nur um die Präzision beim Schuss, sondern auch generell um die Entfernung. Vor allem Amerikaner lieben es, sehr weit zu schießen. Da hat ein prominenter Ami auf seinem Compound Visierstacheln bis 120(!) Yards. Wenn er schießt und das Tier das Pfeifen des Pfeils hört, steht es mit Sicherheit nicht mehr dort, wo der Pfeil treffen sollte.
Bei Entfernungen bis 25 Meter hört das Tier zwar den Sehnenschlag, hat aber zu wenig Zeit zu reagieren. Bei traditionellem Equipment ist die Entfernung dementsprechend kürzer. Also hilft exaktes Treffen wenig, wenn das Tier nicht mehr dort steht. Fehlschüsse sind dann noch das Beste, was passieren kann, schlechte Schüsse gehen beim Jäger auch auf die Psyche.
Bögen
Traditionelles Equipment ist für die Bogenjagd aus meiner Sicht nicht geeignet. Ich treffe mit dem Langbogen im Ruhezustand relativ gut, in einem Erregungszustand – wie er bei der Bogenjagd nun mal üblich ist – ist das aber komplett anders. Da passieren dann Fehler, die dem Schützen dann auch leid tun. Ein Bekannter wollte es partout nicht glauben. Nach drei oder vier verlorenen Stücken ist er endlich auf den Compound umgestiegen. Bei Jagdrecurves dürfte es sich ähnlich verhalten. Auch hier ist die maximale Entfernung relativ kurz. Mehr als 15 Meter traue ich keinem zu. Und Primitiv- oder Selfbögen, eventuell noch mit Steinspitzen geschossen, lehne ich persönlich prinzipiell für die Bogenjagd ab.
Der Compound ist für die Bogenjagd sicherlich das idealere Gerät. Die US-Bogenhersteller überschlagen sich dabei in der Werbung mit der Geschwindigkeit ihrer Bögen. Bis zu 360 Feet per Second sind diese Dinger unter Idealbedingungen schnell. Das ist auf der einen Seite sehr gut, ist doch der Pfeil relativ schnell im Ziel, es verleitet aber dazu, noch weiter zu schießen. Für die Treffergenauigkeit ist das unter Umständen kontraproduktiv. Aber: Speed sells!
Pfeile
Pfeile müssen bei der Bogenjagd schwer sein. Ein schwerer Pfeil hat durch die kinetische Energie logischerweise eine bessere Durchschlagskraft. Auch wenn traditionelle Schützen bei Turnieren mit Holzpfeilen antreten müssen, heißt das noch lange nicht, dass man das auch auf der Jagd muss. Heute werden zu einem großen Teil Carbonpfeile verwendet. Sie sind alle gleich, was man von Holzpfeilen nicht erwarten kann. Zudem empfehlen sich Plastik-Vanes, die bei Regen immer noch einen sauberen Pfeilflug ermöglichen.
In Südafrika wird für die Bejagung von Wild folgendes Mindestpfeilgewicht empfohlen: Kleinwild (Springbock, Blessbock...) 350 Grain, mittleres Wild (Gnu, Red Hartebeest...) 400 Grain und Großwild (Kudu, Eland, Zebra...) 450 Grain.
Spitzen
Für die Bogenjagd werden spezielle Jagdspitzen verwendet. Dabei kann man zwischen mechanischen und Spitzen mit starren Klingen unterscheiden. Bei den mechanischen Spitzen klappen beim Auftreffen die Klingen auf.
Des weiteren kann man zwischen Zwei-, Drei- und Vierklingen-Spitzen unterscheiden. Welche nun die beste ist, hängt von der Vorliebe des Schützen ab. Wichtig ist dabei nur eines: Die Spitzen müssen rasierklingenscharf sein.
Wirkungsweise von Pfeilen
Ein Pfeil kann durch die Klingen unterschiedliche Verletzungen verursachen. Wird das Herz oder die Aorta zerschnitten, sinkt der Blutdruck sehr schnell ab und die Blutversorgung zum Gehirn wird unterbrochen. Nach 8 bis 15 Sekunden verliert das Wild das Bewusstsein.
Zerschneidet der Pfeil beide Lungenflügeln, kommt es zu einem Kollaps der Lunge. Dadurch ist die Versorgung mit Sauerstoff nicht mehr gegeben. Da so eine Verletzung mit sehr viel Blutverlust verbunden ist, tritt der Tod sehr schnell ein. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei rasiermesserscharfen Klingen der Tod schneller eintritt als bei einem Zerlegungsgeschoss eines Jagdgewehrs. Wichtig ist dabei aber immer, dass der Pfeil genau dort trifft, wo er treffen soll.
Arten der Bogenjagd
Andere Länder, andere Sitten. Nach diesem Motto unterscheiden sich auch teilweise die Jagdmethoden in einzelnen Ländern sehr stark. Im Wesentlichen kann man drei Jagdarten unterscheiden: Den Ansitz in der freien Natur oder im Blind, die Treestand-Jagd und die Pirsch.
Blind
Vor allem in Südafrika und Namibia versteht man unter einem Blind eine feste bauliche Einrichtung an einem Wasserloch oder einem Wildwechsel, ausgestattet mit einer Schießscharte, aus der man ungesehen schießen kann.
In den USA werden dagegen tragbare Blinds in den unterschiedlichsten Variationen, die ähnlich einem Zelt sehr schnell aufgestellt werden können, verwendet.
Der Vorteil dieser Art der Bogenjagd besteht darin, dass die Jäger nicht oder nur sehr schwer vom Wild gesehen werden können. Auch wird der Geruch nicht so verteilt, wie das im Freien der Fall wäre.
Treestand
Dabei handelt es sich um tragbare Sitze, die an Stellen mit gutem Wildwechsel in einigen Metern Höhe auf Bäumen montiert werden. Meist geschieht das mit Gurten und Schnallen.
Auch hier liegt der Vorteil darin, dass Tiere Gefahren nicht unbedingt von oben erwarten. Sie sehen daher die Bewegung im Baum weniger gut. Und der Geruch des Jägers verteilt sich in luftiger Höhe wesentlich besser.
Pirsch
Die Pirsch (englisch Walk and Stalk) kann man getrost als die hohe Schule der Bogenjagd bezeichnen. Dabei gilt es zuerst bis auf Schussentfernung (rd. 20 Meter) an das Tier unbemerkt heranzukommen. Das kann unter Umständen Stunden dauern, bis man eine Strecke von 100 Meter zurückgelegt hat.
Ist man dann in der richtigen Schussentfernung, muss man auch noch unbemerkt schießen können. Jede Bewegung, die mehr als einen Zentimeter pro Sekunde beträgt, ist da schon zuviel des Guten. Auf schätzungsweise zehn gelungene Pirschen kommt ein echter Abschuss. Die Pirsch ist nichts für Ungeduldige. Da kann es schon vorkommen, dass man eine Stunde auf den Knien hinter einem Busch auf der Lauer liegen muss und nicht selten bewegt man sich auf allen Vieren zentimeterweise vorwärts.
Jagd-Ethik
Stöbert man in so manchem Forum zum Thema Bogenjagd im Internet, traut man des Öfteren seinen Augen nicht. Was hier an „Weisheiten“ verbreitet wird, tut manchmal schon sehr weh.
Jemand der auf die Jagd und speziell auf die Bogenjagd geht, macht es in unserer Zeit nicht, um sich und die seinen zu ernähren. Er tut es, um ein Abenteuer zu erleben oder den gewissen Kick zu haben. Die Gründe, warum das jemand macht, mögen unterschiedlich sein. Eines muss – und davon lässt sich der Autor sicher nicht abbringen – aber sichergestellt sein: Man muss alles tun, um das Leid eines Tiere so gering als möglich zu halten.
Man muss im Ruhezustand diese 20 cm-Scheibe aus der persönlichen Jagdentfernung immer, ich betone IMMER und zu 100% treffen. Wer bereits im Ruhezustand nur eine Trefferquote von 70 oder 80% aufweist, sollte es lieber lassen. Er handelt absolut nicht jagdethisch. Wer also behauptet, ähnlich wie bei 3-D-Turnieren, mit traditionellem Equipment auf 20 Meter und mehr schießen und zu 100% treffen zu können, überschätzt sich maßlos und darf nicht auf Tiere losgelassen werden.
Was unterscheidet Bogenschießen von der Bogenjagd?
Bogenschießen und 3-D-Bogenschießen auf der einen und die Bogenjagd auf der anderen Seite lassen sich schwer miteinander vergleichen. Ich behaupte, dass außer dem Equipment es wenig Gemeinsamkeiten gibt.
Zum ersten schießt man auf der Bogenjagd alle „heiligen Zeiten“ einen Pfeil. Man schießt pro Tag höchstens zwei Pfeile (ohne Einschießen vier Stunden vorher). Umgelegt auf das Bogenschießen würde das heißen, dass ich ohne Einschießen extrem aufgeregt auf 20 Meter auf eine 3-D-Scheibe hingehe und sage: Die treffe ich im kleinen Sport mit 100%iger Sicherheit.
Ein weiterer Unterschied ist der Erregungszustand, in dem man sich befindet. Man muss, sobald man den Entschluss gefasst hat: „Dieses Tier schieße ich jetzt“, sich vor Augen halten, dass man ein großes Lebewesen (keine Fliege) tötet. Und das lässt keinen kalt; auch nicht den Coolsten. Das geht soweit, dass man in der Aufregung Dinge einfach vergisst oder komplett falsch macht. Da fehlt dem einen plötzlich das Release, dem anderen fällt der Pfeil von der Auflage und der dritte reißt beim Schuss die Zughand irgendwo hin. Man befindet sich in einem Ausnahmezustand, in dem man oft Reaktionen setzt, die man überhaupt nicht wollte.
Der Bogenjäger muss auch wie einer aussehen
Wildtiere sehen die Welt monochrom, also schwarz/weiß. Daher spielt die Farbe, die man auf der Jagd trägt, eher keine Rolle. Am besten sehen Wildtiere nach einer wissenschaftlichen Studie an den Augen die Farbe blau. Gewehrjäger in den USA müssen schockorange Westen tragen, um von den Jägerkollegen nicht mit einem Hirsch verwechselt zu werden. Die Farbe stört dabei die Tiere am wenigsten.
Was Tiere aber sehen, sind Silhuitten und unstrukturierte Flächen, wie ein einfärbiges Hemd oder auch das weiße Gesicht eines Europäers. Daher gilt es vor allem, etwas zu tragen, das nicht einfärbig ist, und das die Konturen verschwinden lässt. Ein kariertes Holzfällerhemd, egal welcher Farbe, würde da schon genügen.
Der moderne Bogenjäger kann aber natürlich nicht so auf die Jagd gehen. Das hat auch die Industrie – vor allem in den USA – den Jägern in den letzten 25 Jahren erfolgreich eingeredet. Da muss das passende Blattmuster zur jeweiligen Gegend passen, da werden Spezialstücke für alle nur erdenklichen Situationen angeboten. Und der Bogenjäger nimmt´s gerne. Auch der, der im Dunklen in einem Blind sitzt, obwohl ein rosa Poloshirt auch nicht auffallen würde; beim Heimgehen vielleicht.
Was kostet die Bogenjagd?
Wer über einen Anbieter von Jagdreisen eine Bogenjagd bucht, wird am teuersten aussteigen. da kommen für eine Woche Südafrika mit drei kleinen Abschüssen schon mal € 2.500.- bis € 5.000,- zusammen. Wer vor Ort jemand kennt, der fährt am günstigsten. In den USA wird da nicht mehr als Flug, Auto, Unterkunft und Verpflegung anfallen. In Südafrika und Namibia wird man mit € 150.- pro Tag (ohne Abschüsse) auch das Auslangen finden.
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