Das 5-Punkte-Programm

Mit System zum Erfolg

Wer auf einem Parcours oder bei einem Turnier schießt, möchte natürlich möglichst viele Treffer landen; und zwar gute. Da man aber hier bei Fehlern nicht die Zeit hat, ewig lange an seinen diesen zu arbeiten, muss man sehr schnell die Fehler, die man gemacht hat, erkennen und diese auch gleich korrigieren. Das hier vorgestellte 5-Punkte-Programm kann dabei helfen.

Wer kennt das nicht: Man schießt auf einem Parcours und knallt daneben. Das soll vorkommen. Man hat aber keine Ahnung, was der eigentliche Grund für den Fehlschuss war. Und oft schießt man einfach noch einmal, ohne den Fehler analysiert zu haben. Bei einem Turnier ist das noch problematischer. Da hat man nur eine bestimmte Anzahl von Pfeilen pro Ziel.
Abhilfe kann da ein planmäßiges Vorgehen schaffen. Es ist quasi eine Routine, die man bei jedem Schuss macht. Im Wesentlichen geht es darum, zuerst festzustellen, was man vor sich hat, dann sich zu entscheiden, wie man schießt und zielt und man dann die Fehler systematisch erkennt und korrigiert. Klingt einfach, ist es aber in der Praxis nicht.

Planmäßiges Vorgehen
Punkt 1: Geländeanalyse
Punkt 2: Pick a Spot
Punkt 3: Der erste Schuss
Punkt 4: Fehleranalyse
Punkt 5: Fehlerkorrektur

Punkt 1: Geländeanalyse

Dabei geht es darum, welche Situation finde ich vor. Nicht jedes Ziel steht auf der ebenen Wiese in einer moderaten Entfernung.
Es gibt Ziele, die so gestellt sind, dass sie zum einen sehr schwierig sein können, zum anderen aber auch täuschen können. Ein Schuss über einen Graben beispielsweise, kann weiter wirken als er wirklich ist.
Nun reagiert jeder Schütze anders. Für den einen ist der Schuss über einen Hügel oder Graben kein Problem, der andere hat aber seine liebe Not damit. Man muss für sich selbst herausfinden, bei welchen Schusssituationen habe ich wirklich Probleme. Das sollte man sofort, wenn man zu so einem Ziel kommt, wissen, ohne hier lange darüber nachdenken zu müssen.

Was sind nun solche besonderen Situationen?
- Innerhalb/außerhalb meines persönlichen Schussbereichs
- Schuss über einen Graben
- Schuss über einen Hügel
- Bergaufschuss
- Bergabschuss
- Weiter Schuss
- Dunkle Scheibe vor dunklem Hintergrund
- Tunneleffekt
- Entlang eines Hangs
- Extrem steiler Schuss
- Kleines, nahes Ziel
- etc.


Prinzipiell gibt es dazu zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Einerseits kann man jeden dieser Schüsse tausendmal üben oder man taktiert ein wenig. Man weiß also um die Situation und reagiert dementsprechend. Schießt man bei kurzen bis mittleren Schüssen bergauf tendenziell drüber, wäre eine vernünftige Taktik, etwas tiefer zu zielen. Oder eben, wie schon gesagt, das sehr oft zu üben. Und genau das können die Wenigsten, weil man solche Schüsse nicht immer auch auf Parcours findet.
Und mit der geeigneten Taktik, also dem bewussten Reagieren auf bestimmte Schüsse, sind wir auch schon beim nächsten Punkt.

Beispiele

Dunkles Ziel vor dunklem Hintergrund:
Die Entfernung schaut weiter aus, als sie ist.
Schuss über einen Graben:
Die Entfernung schaut weiter aus, als sie ist.
Steiler Bergaufschuss:
Die Flugbahn ist dabei flacher.
... weitere Beispiele

Punkt 2: Pick a Spot

Hier legt man nun, bevor man zu schießen beginnt, fest, auf welchen Punkt man zielt. Dabei spielt natürlich die Zieltechnik, die man verwendet, eine Rolle.
Zielt jemand mit der Pfeilspitze (Point of Aim), muss überlegt werden, um welchen Wert die Pfeilspitze beispielsweise bei einem Bergaufschuss im Vergleich zu einem Schuss in der Ebene, anders angehalten werden muss. Das sollte man sich aber bereits vorher erarbeiten, also ausgeschossen haben.
Instinktivschützen oder Gap Shooter müssen genauso agieren. Bei einem Bergaufschuss werden auch diese Schützen sich auf einen Punkt unterhalb des eigentlichen Ziels konzentrieren, also hinschauen müssen.
Auch sollte man sich überlegen, ob man nicht eine zweite oder dritte Zieltechnik einsetzt. Beispielsweise könnte man bis zu einer bestimmten Entfernung instinktiv zielen, danach aber auf Point of Aim umsteigen.
Zu diesen Überlegungen kommt noch, dass man sich auch den Stand und die Körperhaltung überlegen muss. Gerade bei extremen Bergauf- oder Bergabschüssen ist das T besonders wichtig. Hält man das nicht ein, ist der Auszug zu kurz und damit trifft der Pfeil anders, meist tiefer.

Beispiele

Schuss über einen Hügel:
Punkt 1: Geländeanalyse
- Gruppe-2-Ziel (IFAA bis rd. 41 Meter)
- Steht hier auf rund 35 Meter.
- Hügel (Ziel scheint näher)

Meine persönlichen Zieltechniken
-
Persönlicher Schussbereich bis 45 Meter
- Instinktives Zielen bis rund 45 Meter
- Ab 45 Meter Wechsel auf Systemschießen (Point of Aim)

Punkt 2: Pick a Spot – Ergebnis der Analyse
Ziel steht innerhalb meines persönlichen Schussbereiches, daher: instinktiv zielen und genau ins Ziel schauen.
Schuss auf eine freie Fläche:
Punkt 1: GeländeanalyseGruppe-1-Ziel (IFAA bis 54 Meter)

- Entfernung hier 47 Meter
- Auf freier Fläche (lässt Ziel näher erscheinen)
- Wiese mit wenig Anhaltspunkten
- Grelles Licht (lässt Ziel näher erscheinen)

Meine persönlichen Zieltechniken
-
Persönlicher Schuss­bereich bis 45 Meter
- Instinktives Zielen bis rund 45 Meter
- Ab 45 Meter Wechsel auf Systemschießen (Point of Aim)

Punkt 2: Pick a Spot – Ergebnis der Analyse
Ziel steht außerhalb meines persönlichen Schussbereichs, deshalb Wechsel nur für einen Schuss auf Point of Aim und Spitze genau ins Ziel halten.

Punkt 3: Der erste Schuss

Nun schießt man. Dabei sollte die Konzentration voll auf der Schusstechnik liegen. Alle anderen Überlegungen hat man ja bereits gemacht. Die Konzentration kann hier auf dem gesamten Schussablauf, vom Stand bis zum Nachhalten liegen. Man kann sich aber auch nur auf einen bestimmten Teil des Bewegungsablaufes, z.B. auf die Rückenspannung, konzentrieren. Wer also Probleme mit dem Lösen hat, sollte Letzteres eher machen.
Um hier nichts zu vergessen, könnte man die sogenannte Selbstgesprächsregulation anwenden. Man begleitet dabei den gesamten Schuss mit einem Spruch.

Beispielsweise: Stand – Hand – Anker – los. Und bei jedem Punkt denkt man dabei an einzelne Unterpunkte.

1. Stand einnehmen
Beinstellung (parallel, offen, überdreht)
Körperhaltung gerade oder gebeugt (Langbogen), bei Bergauf- oder Bergab­schüssen Knie oder Hüfte beugen
Kopfhaltung: Augenachse im rechten ­Winkel zur Sehne
2. Hände positionieren
Bogenhand
Bogenarm ev. ausdrehen (Innenrotation)
Zughand
3. Ankern
In den Vollauszug gehen
Anker und Referenzpunkte erreichen
Rückenspannung aufbauen
4. Lösen
Finger entspannen
Hand im Gesicht lassen
Nachhalten

Möchte man das nur für einen Teil des Schussablaufs machen – beispielsweise für das Ankern und Lösen – könnte der Spruch lauten:
Ankern – 1 – 2 – los.

Für alle „Ultra-Instinktiven" sei gesagt, dass sehr viel eines Schussablaufes bewusst gemacht werden kann. Das Einnehmen des Standes beispielsweise hat eigentlich wenig mit Intuition zu tun. Erst das Ankern und Lösen kann automatisiert, also unterbewusst, ablaufen.

Was tun bei einem Fehlschuss? Nun kann es schon mal vorkommen, dass man danebenschießt. Das passiert auch Weltmeistern hin und wieder. Einfach noch einmal gleich zu schießen und zu hoffen, dass man nun trifft, ist die schlechteste Variante. Man muss zuerst den Fehler erkennen, um ihn auch korrigieren zu können.

Schritt 4: Fehleranalyse

Fehlschüsse können aus verschiedenen Gründen auftreten, aber grundsätzlich lassen sie sich auf vier Hauptquellen zurückführen.

Außerhalb meines Streukreises
Wenn ein Pfeil knapp über oder unter dem Ziel landet, muss das nicht zwangsläufig auf einen Fehler hinweisen. Hier kann man sich an seinem eigenen Streukreis für bestimmte Entfernungen orientieren.
Wenn der persönliche Streukreis größer ist als das Ziel, kann es vorkommen, dass der Pfeil knapp darüber oder darunter landet. Statistisch gesehen sind die Pfeile im Streukreis gleichmäßig verteilt. Daher ist es möglich, ein 3-D-Tier zu verfehlen, ohne dass eine Korrektur erforderlich ist, solange sich der Pfeil innerhalb des Streukreises befindet. Und genau das sollte man erkennen.
Es geht hier um eine vernünftige Selbsteinschätzung. Wer auf 50 Meter einen Streukreis von 3 Meter Durchmesser hat, und sich ärgert, wenn der Pfeil 10 Zentimeter drüber geht, hat diese Selbsteinschätzung sicher nicht. Hier sind Treffer nur Zufall.

Technische Probleme
Technische Probleme sind eher selten, sollten jedoch dennoch in Betracht gezogen werden. Hier sind einige Beispiele für solche technischen Fehlerquellen:

- Kontakt mit der Kleidung (z. B. am Ärmel)
- Übermäßiger Kontakt mit dem Armschutz
- Verrutschen des Nockpunkts
- Veränderung der Standhöhe
- Einfluss der Temperatur auf den Bogen (z. B. bei Selfbögen)
- Schäden am Pfeil
- Schief sitzende Nocke
- etc.

Schussfehler
Im Schussablauf können viele Fehler auftreten. Auf dem Parcours oder während eines Turniers hat man jedoch nicht die Zeit, lange nach Fehlern zu suchen. Hier sind schnelle Entscheidungen gefragt. Daher ist es unbedingt notwendig, festzustellen, ob ein schusstechnischer Fehler vorliegt oder nicht.
In den meisten Fällen erkennt man Schussfehler an der seitlichen Abweichung. Man hat schlecht gelöst, oder den Bogenarm zur Seite gerissen.
Wenn man zu dem Schluss kommt, dass man unsauber geschossen hat, sollte man sich beim zweiten Schuss vollständig auf die Schusstechnik konzentrieren. Bei zu kurzen Schüssen könnte es an fehlender Rückenspannung gelegen haben.

Zielfehler
Wenn der Pfeil zu hoch oder zu tief trifft, können verschiedene Fehlerquellen in Frage kommen. Zum einen kann es, wie bereits erwähnt, ein schusstechnischer Fehler sein, beispielsweise ein mangelnder Auszug oder eine unzureichende Rückenspannung.
Es ist jedoch auch möglich, dass man die Entfernung falsch eingeschätzt oder sich getäuscht hat. In diesem Fall liegt ein zieltechnischer Fehler vor. Selbst bei perfekter Schusstechnik wird man das Ziel nicht treffen, wenn der Abschusswinkel nicht stimmt.
Wenn man eine Zieltechnik verwendet, bei der die Entfernung genau geschätzt werden muss, sollte man eventuell beim nächsten Schuss noch einmal schätzen. Bei einer gefühlsmäßigen Entfernungseinschätzung sollte man ebenfalls überlegen, ob eine Anpassung der Zieltechnik erforderlich ist.

Punkt 5: Fehlerkorrektur

Beispiel:
Beispiel: Linkes Bild: Entfernung wird eingeschätzt, gezielt und geschossen. Pfeil trifft zu kurz. Analyse ergibt, dass es ein Zielfehler war. Rechtes Bild: Korrektur des Abschusswinkels

Habe ich den Fehler richtig erkannt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich beim nächsten Schuss treffe, wesentlich höher. Gute Schützen können das und treffen dann fast immer beim zweiten Schuss.

Korrektur der Schusstechnik
Es kann passieren, dass man einen Schuss komplett verhaut. Nicht selten passiert es, dass man etwas besonders konzentriert machen möchte und es geht gehörig daneben. Dann sollte man das einfach abhaken und nicht länger darüber nachdenken.
Wenn ein Pfeil links oder rechts daneben geht, sind es meist schusstechnische Ungenauigkeiten. Es ist eigentlich nicht notwendig, den genauen Fehler zu finden. Es genügt, wenn man zum Schluss kommt, dass es die schlechte Schusstechnik war. Auch hier sollte man sich beim nächsten Schuss voll auf eine gute Schusstechnik konzentrieren. Passt diese, wird auch der Treffer mittig sein.

Korrektur der Zieltechnik
Wie vorher schon beschrieben, sollte man bei einer Korrektur des Abschusswinkels sehr genau wissen, ob es ein Schuss- oder Zielfehler war.
Zu kurze Schüsse können sowohl Schuss- als auch Zielfehler gewesen sein. Hat man darüber geschossen, sind es meist Zielfehler.
Vor allem bei Bergauf- und Bergabschüssen ist das besonders wichtig. Bergauf und bergab ist die Flugbahn flacher. Damit ist die Gefahr, dass man in seinem persönlichen Schussbereich drüber schießt. Beachtet man aber das T, gebildet aus Schulter und Oberkörper, in diesem Fall nicht, zieht man unter Umständen zu kurz und der Pfeil hat damit eine andere Geschwindigkeit. Hier kann es dann zu Missinterpretationen kommen.
Ist man sich sicher, dass es ein Zielfehler war, ist die Korrektur denkbar einfach. Der Systemschütze zielt mit der Pfeilspitze einfach etwas höher oder tiefer. Und Schützen, die mit dem Unterbewusstsein (Instinktivschützen) oder dem Gefühl zielen (Gap Shooter), schauen einfach etwas höher oder tiefer.

Die Moral ...

Schussablauf kurz
Schussablauf kurz

Hält man sich an diese Vorgehensweise, wird man mit Sicherheit mehr Erfolg haben. Das bedeutet aber auch, dass man sich mit den einzelnen Punkten vorher schon beschäftigt haben muss. Wer beispielsweise nicht weiß, wie die Flugbahn bergauf oder bergab ist, wird immer Probleme haben. Und wer nicht weiß, ob er nun zu wenig ausgezogen hat (Schussfehler) oder die Entfernung falsch eingeschätzt hat (Zielfehler), wird auch nicht erfolgreich sein.

... 2 Beispiele