9 falsche Annahmen übers Bogenschießen
Annahme 1: Bogenschießen erfordert starke Arme
Das klingt zuerst einmal logisch, braucht man doch beide Hände zum Bogenschießen. Aber eigentlich braucht man, um einen Bogen zu ziehen, mehr die Rückenmuskeln als die Armmuskeln. Das Hauptgewicht zieht und hält man mit diesen Muskeln. Auch ein Kraftlackel, der die Rückenmuskulatur nicht ausgebildet hat, wird sogar bei relativ leichten Bögen nach einiger Zeit Schwierigkeiten mit der Kraft bekommen.
Annahme 2: Bogenschießen erfordert Geschicklichkeit
Zuerst braucht man für das Bogenschießen Kraft; und zwar im Rücken. Hat man die nicht, wird man auch nicht den Bogen richtig ziehen können. Geschicklichkeit brauchen beispielsweise Trickschützen, wie Byron Ferguson oder Lars Anderson. Ist man in vielen Dingen sehr geschickt, heißt das noch lange nicht, dass man auch besser zielen und treffen kann.
Annahme 3: Man muss jung sein, um anzufangen
Oft werde ich von Leuten jenseits der 50 gefragt, ob sie nicht schon zu alt dafür sind. Bogenschießen kann man in jedem Alter beginnen und betreiben. Es gibt Bogenschützen, die erst mit 50 begonnen haben und zur Weltklasse aufgestiegen sind. Ein Beispiel dazu ist der kanadische Compounder Dietmar Trillus, der erst mit 44 begonnen hat und mehrfacher Weltmeister wurde.
Gute Kondition ist für das Schießen selbst nicht unbedingt notwendig. Man muss als 3-D-Schütze so viel haben, dass man einen Parcours bewältigen kann. Das Einzige, was eventuell notwendig ist, ist ein leichter Bogen.
Annahme 4: Bogenschießen ist einfach
Viele beginnen genau mit dieser Einstellung. Es sieht ja auch nicht spektakulär aus, wenn man jemanden beobachtet, der gut trifft. Einfach den Bogen halten, an der Sehne ziehen und loslassen; fertig. Viele machen im Urlaub – beispielsweise in einem Club – mit dem Bogenschießen das erste Mal Bekanntschaft. Und dort wird genau das vermittelt.
Will man es aber ernster betreiben, braucht man dann doch gewisse Fähigkeiten. Diese hängen wiederum von dem, was man vorhat, ab. Will jemand bei Turnieren mitschießen, schaut die Sache schon anders aus.
Annahme 5: Langbogen und Recurve sind einfache Geräte
Heutzutage gibt es eine Menge Bögen, die sehr technisch aussehen. Und viele denken daher, dass es damit sehr einfach ist zu treffen. Diese Bögen schießen quasi von selbst. Olympic-Bögen oder auch Compounds sind aus modernen Materialien gemacht. Traditionelle Bögen mögen zwar teilweise einfach aussehen, aber hier kann man auch nicht auf moderne Materialien und Verarbeitungsmethoden verzichten.
Kein Bogenhersteller kommt ohne Glas, Carbon oder Epoxiharz aus. Und die Sehne ist auch nicht mehr aus Darm oder Hanf gemacht. Deshalb ist es eher anachronistisch, dass man mit dem Langbogen immer noch Holzpfeile schießen muss.
Annahme 6: Mit einem Compund ist es viel leichter
Compoundbögen schauen zuerst einmal sehr technisch aus. Sie haben Rollen, Kabel und eine Sehne, eine Zuggewichtsreduzierung, ein Visier oder auch ein mechanisches Release. Aber deshalb schießen sie noch nicht von alleine.
Man kann damit sicher besser treffen als ein Langbogenschütze. Man muss sich aber fairerweise mit Compoundern messen. Das heißt, dass man mit diesem Bogen auf 30 Meter einen Streukreis von maximal 10 Zentimeter haben darf. Nur so als Beispiel: Der Zehner in der Halle ist für den Compound nicht viel größer als ein 5-Cent-Stück. Und der Weltrekord bei 60 Pfeilen ist 600! Das ist die Messlatte und nicht ein traditioneller Schütze.
Annahme 7: Man kann jeden Pfeil mit jedem Bogen schießen
Man kann zwar auf vielen Bögen alle möglichen Typen schießen. Beim Pfeil muss vor allem der dynamische Spine, also die Durchbiegung beim Abschuss, passen, da beim Rechts-Schützen ein zu steifer Pfeil nach links, ein zu weicher nach rechts abweicht. Ein passender Pfeil fliegt dagegen gerade.
Und da ist man bei Bögen, die zur Mitte geschnitten sind, wesentlich flexibler. Ein Selfbow, der über die Hand geschossen wird, hat eine kleinere Auswahl an Pfeilen als ein Compound. Bei solchen Bögen liegt der Pfeil genau in der Mitte. Hier kommen dann wesentlich mehr Pfeile in Frage.
Annahme 9: Meine Art ist das echte Bogenschießen
In der Bogensportszene hört man sehr oft diese Aussage. Nur wer einen Selfbow selber baut, ist ein echter Bogenschütze. Aller anderen sind Waschlappen! Da wird von traditionellen Schützen verächtlich auf die „Radfahrer„ herabgesehen. Andersrum hört man von diesen, dass bei Selfbowschützen der Bogen und der Schütze gleich primitiv seien.