Bogenjagd in Südafrika
Dietmar Vorderegger
Wer sich mit der Bogenjagd beschäftigt, wird um Südafrika nicht herumkommen. Neben den USA dürfte das Land am Cap der Guten Hoffnung wohl das wichtigste Reiseziel für Bogenjäger sein.
Alle Touristen, die das Land bereisen – egal ob als Bogenjäger oder Fotojäger – bekommen es hautnah immer und überall zu sehen und zu spüren: Die Natur und die Tierwelt sind Südafrikas große Ressource. Egal wo man hinkommt, an den „Big 5“ kommt man nicht vorbei. Aber auch sonst hat die Tierwelt einiges zu bieten. Große Gebiete, in denen alle Antilopen, vom Duiker bis zum Eland, vorkommen, finden sich überall.
Die Jagd ist in der Zwischenzeit in Südafrika eine richtige Industrie geworden. Tausende Jäger und in der Zwischenzeit auch Bogenjäger reisen jedes Jahr in den Süden Afrikas. Dass die Jagd ein großer Devisenbringer ist, haben auch die Regierungen in Südafrika und Namibia bereits gemerkt und förderten neben den Tourismusattraktionen Nummer 1, den Nationalparks, wie dem Krügerpark, auch die Jagd und die Bogenjagd. Die Bogenjagd wird von der SABA (South African Bowhunters Association) und der ABO (African Bowhunting Organisation) repräsentiert. Diese Dachorganisationen versuchen, gemeinsam mit der Nature Conservation (Behörde für Natutrschutz) die Sache voranzutreiben, aber auch zu reglementieren.
In Südafrika ist die Jagd bzw. der Jagdtourismus ein bedeutender Wirtschaftszweig mit beträchtlichem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), beträchtlichem Beschäftigungseffekt und multiplikativen Effekten über verschiedene Wirtschaftssektoren. Eine aktuelle Studie (2025) schätzt, dass Jagdtourismus (inklusive inländischer und internationaler Jäger) einen wirtschaftlichen Beitrag von rund USD 2,5 Milliarden pro Jahr leistet. Außerdem zeigt die Studie einen Produktionsmultiplikator von etwa 2,97 – d.h. jeder direkt ausgegebene Dollar erzeugt ca. zusätzliche 1,97 Dollar an wirtschaftlicher Aktivität in verbundenen Sektoren (Landwirtschaft, Handel, Unterkunft, persönliche Dienstleistungen etc.). Laut derselben Untersuchung hängen etwa 95.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Jagdtourismus ab, insbesondere in ländlichen Gebieten und eher niedrigqualifizierten Tätigkeiten.
Die Jagd ist auch im Nachbarland Namibia wirtschaftlich relevant, insbesondere durch ausländische Jäger, auf Farmen (sowohl private als auch gemeinschaftliche Gebiete). Die Einnahmen schwanken je nach Region und Landnutzung, aber es handelt sich um einen nicht unwesentlichen Wirtschaftszweig. Der Jagdtourismus trägt hier mit USD 285 Millionen zum BIP bei. Außerdem ist die Jagd ein wichtiger Arbeitgeber. Im Jahr 2024 wurde geschätzt, dass mehr als 16.000 Arbeitsplätze durch die Jagdindustrie geschaffen werden oder davon abhängen.
Damit ist die Jagd für viele Regionen ein wichtiger Arbeitgeber. Sowohl in den staatlichen als auch den privaten Game Reserves (Wildreservaten) gibt es neben den Einnahmen aus Unterkunft und Gastronomie auch eine Reihe von Tätigkeiten, die vor allem der schwarzen Bevölkerung ein Einkommen sichern. Auch für anspruchsvolle Jobs ist die Jagd in der Zwischenzeit interessant geworden. Universitäten und Colleges arbeiten mit den Jagdanbietern zusammen, veranstalten Kurse und bieten Studiengänge, beispielsweise zur Ausbildung zum Wildbiologen und ähnlich hochwertigen Berufen, an. Und nicht zu vergessen ist auch die Zulieferindustrie. Alles, vom Zaun über Fahrzeuge bis hin zu den Unterkünften für die Jäger, wird in der Jagdinstustrie gebraucht.
In den letzten drei Jahrzehnten hat die Jagd einen gewaltigen Aufschwung genommen. Fast ganz Südafrika – im Übrigen auch Namibia – ist eingezäunt. Entweder sind es Weidezäune oder rund drei Meter hohe Wildzäune. Alle Tiere, ob Nutz- oder Wildtiere, werden damit im gesamten Land hinter Zäunen gehalten. Das ist bei den großen Nationalparks, die schon mal wie der Krüger-Nationalpark 350 km lang und 60 km breit sein können – er hat damit ein Viertel der Fläche von Österreich -, genauso, wie bei den privaten Farmen. In den letzten Jahren gibt es eine steigende Anzahl von privaten Wildreservaten, in denen die Jagd betrieben werden kann. Solche Jagdfarmen können auch schon mal bis 10.000 ha (100 km2) groß sein. Und der Zaun rundherum hat dann eine Länge von 70 und mehr Kilometer.
In diesen privaten Reservaten gibt es in der Zwischenzeit mehr Wild als in den staatlichen Parks. Jane Carruthers von der Unsiversity of South Africa beschäftigt sich seit Jahren sehr intensiv mit der Jagd. In einem Artikel „Wilding the Farm or farming the wild?“ legt sie ausführlich Daten und Fakten vor. Demnach ist die Jagd seit den 1960er-Jahren stetig gestiegen. Die Zahl der Wildtiere in privaten Reservaten stieg von damals 575.000 auf rund 7,5 Millionen im Jahr 2021. Gleichzeitig ging die Anzahl der Schafe von 40 auf 28 Millionen zurück. Und auch die Anzahl der Rinder verringerte sich in diesem Zeitraum um vier Millionen auf acht. Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass sich die Jagdindustrie zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt hat.
Waren die Jagdfarmen bis vor zehn Jahren nur auf Gewehrjäger spezialisiert, bieten in der Zwischenzeit immer mehr Farmer auch die Bogenjagd an. Das kann man auch auf großen Jagdmessen in Europa beobachten: Anbieter aus Südafrika und Namibia werden immmer häufiger dort gesehen. Dabei muss man aber etwas vorsichtig sein. Viele Jagdanbieter sehen in der Bogenjagd nur eine zusätzliche Einnahmequelle.
Ein großer Teil der Jagdgäste sind Amerikaner, erzählt ein Bogenjäger. Für sie zählt nur eines: Trophäen. Die meisten kommen nicht so oft ins Ausland und da muss dann in kurzer Zeit möglichst viel geschossen werden. Die Europäer sind da etwas anders. Sie kommen häufiger und schießen dann aber auch nicht so viel. Für viele steht auch das Abenteuer – so wie für den Autor dieses Artikels – ganz oben auf der Skala ihrer Wünsche. Und bei den moderaten Preisen, die man hier im Gegensatz zu Jagdreisen über Jagdanbieter bezahlt, ist es auch ein leistbares Abenteuer.
Die Big 5 kann man hier natürlich nicht schießen. Aber vom Perlhuhn bis zum 800 kg schweren Elandbullen ist alles vorhanden. Und wer es teuer haben möchte, der kann auch einen Sable (Rappenantilope) um einige tausend Euro schießen. Prinzipiell ist die Bogenjagd auch auf alle Tiere möglich, aber für die sechs wichtigsten Tierarten braucht man eine Genehmigung. Und für Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard (= Big 5) und Nilpferd (= Dangerous 6) gibt es immer weniger Genehmigungen. Zu oft ist es zu schlechten Schüssen gekommen und dann musste mit dem Gewehr „nachgeholfen“ werden. Im Übrigen ist die Jagd auf die oben genannten Sechs ohne Gewehrschützen mit dem geeigneten Kaliber im Hintergrund als Sicherheit gar nicht erlaubt.
Jagdsaison: Eigentlich kann man das ganze Jahr jagen. Einige Tierarten, wie das Zebra, können das ganze Jahr trächtig sein, andere haben Brunftzeiten. Aber am erfolgversprechendsten ist die Bogenjagd von April bis Ende September. Da ist der Busch trocken und die Tiere müssen zu den Wasserlöchern. Ein Abschuss der gewünschten Tierart ist dann fast garantiert. Die Pirsch ist zu dieser Jahreszeit – es ist Winter – sehr schwierig. Die Bäume haben die Blätter verloren und man geht zeitweise wie auf Cornflakes.
In der übrigen Zeit ist der Busch grün. Da wäre zwar die Pirsch wesentlich einfacher, die Aussichten aber, erfolgreich zu sein, sind für die meisten sehr gering. Da haben die meisten Bogenjäger mit den Tierarten und ihren Gewohnheiten einfach zu wenig Erfahrung.
135