Von rechts auf links wechseln
Gründe, warum man die Seite wechseln sollte
Es gibt mehrere Gründe, warum beispielsweise ein Rechtshänder zwischendurch auch mal links schießen sollte. Das gilt natürlich umgekehrt genauso auch für Linksschützen. Wann aber sollte man das in Erwägung ziehen?
Wann, ist die Frage
Sehr oft haben Schützen das Problem, dass der Pfeil immer nach links oder nach rechts geht. Linksabweichungen kommen bei Rechtsschützen, Rechtabweichungen bei Linksschützen immer wieder vor. In der Folge sind alle Hinweise auf Rechtsschützen abgestimmt. Für Linksschützen gilt vice versa das Gleiche.
Das kann verschiedene Gründe haben. Zum einen kann der Pfeil zu steif sein. Dann biegt sich der Pfeil zu wenig und geht tendenziell nach links. Auch ist oft der falsche Anker das Problem. Man ankert einige Zentimeter neben dem Auge und der Pfeil zeigt schon beim Abschuss nach links. Aber diese Probleme kann man ohne weiters in den Griff bekommen, indem man das Equipment genau abstimmt oder an der Schusstechnik arbeitet.
Problematischer wird es, wenn es dafür keine echte Lösung gibt.
Kreuzdominanz
Normalerweise hat ein Rechtshänder ein rechtsdominantes, ein Linkshänder ein linksdominantes Auge. Das bedeutet, dass das Bild dieses Auges zur beispielsweisen Bestimmung der Richtung vom Gehirn verwendet wird. Nun gibt es Schützen, bei denen das andersrum ist. Man spricht dann von Kreuzdominanz. Bei Kreuzdominanz wird aber das falsche Bild genommen, hier das rechte und das eigentlich richtige ausgefiltert. Damit schießt man links vorbei.
Für dieses Problem gibt es prinzipiell vier Lösungen.
- Man schießt so weiter wie bisher, wenn man kein Problem damit hat.
- Man zielt einfach weiter rechts. Ist zwar nicht jedermanns Sache, aber wenn es hilft ...
- Man zieht normal auf, schließt das linke Auge, korrigiert die Richtung, öffnet das Auge und schießt. Mit der Zeit kann es passieren, dass sich das Hirn quasi umprogrammiert und man mit offenen Augen schießen kann.
- Anmerkung: Das trifft nur für Zieltechniken zu, wo man räumliches Sehen braucht.
- Man wechselt auf links/rechts um.
Schulterprobleme
Oft kommt es vor, dass oft erst nach Jahren plötzlich Schulterprobleme auftauchen. Das kann natürlich viele Gründe haben. Wenn jemand über lange Zeit mit einem sehr staken Bogen schießt, kann das schon mal passieren. Aber auch Alter oder Krankheit kann dazu führen. Wenn man dieses Problem hat, hilft oft nur auf links/rechts umzustellen.
Wie wechselt man dauerhaft?
Wer sich dazu entschlossen hat, links zu schießen, muss im Wesentlichen wieder ganz von vorne beginnen. Ganz so ist es dann auch wieder nicht. Man hat ja Erfahrung und kann das Ganze höchstwahrscheinlich schneller umsetzen. Es wird aber trotzdem eine gewisse Zeit dauern, bis die Schuss- und Zieltechnik wieder passen.
Dazu empfiehlt sich das Programm des 30-Minuten-Coaches. Allerdings nicht in 30 Minuten. Jeder Punkt sollte so lange geübt werden, bis man das alte Niveau wieder erreicht hat.
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Bogenschießen neu lernen: Wer umlernen muss oder möchte, muss wieder ganz von vorne beginnen. Der 30-Minuten-Coach kann dabei helfen. |
Sollte man auch mal anders schießen?
Man muss zuerst einmal feststellen, dass Bogenschießen ein sehr einseitiger Sport ist. Nicht was die Abwechslung betriff, sondern was den Körper betrifft. Man zieht immer mit der gleichen Hand und hält den Bogen mit der anderen. Dadurch sind die Muskeln unterschiedlich ausgeprägt. Auch die Rücken- und Nackenmuskulatur ist davon betroffen; vorausgesetzt, man schießt relativ häufig. Für jemand, der nur unregelmäßig und auch nicht sehr oft einen sehr leichten Bogen, bezüglich Gewicht und Zuggewicht, schießt, wird das weniger von Bedeutung sein.
Sollte man deshalb auch öfter links schießen, um das auszugleichen oder besser gesagt, einigermaßen auszugleichen? Gute Frage. Und die Meinungen, auch von Experten, gehen hier auseinander. Wer schon mal probiert hat, anders zu schießen, wird feststellen, dass man sehr große Schwierigkeiten hat, das auch zu tun. Und das, obwohl man eigentlich weiß, wie es theoretisch gehen sollte. Hier funktioniert bei den meisten nichts, auch nicht mit einem sehr leichten Bogen. Sogar das Einlegen des Pfeils ist schwierig. Man stellt sich an wie ein Anfänger. Ehrlich gesagt ist man das ja auch. Viele werden sich damit noch gar nicht beschäftigt haben, viele werden aber auch schlicht keine Zeit dafür haben. Um komplett symmetrisch zu sein, müsste man ja genau so viel mit der anderen Hand schießen. Was wäre also das Ziel, auch die andere Zeit zu trainieren. Da wären erst einmal gesundheitliche Überlegungen. Vielleicht würde man durch Mehrseitigkeit verhindern, dass man sich im Lauf der Zeit Schulterprobleme holt. Das wird also für nicht wenige ein Problem sein.
Was kann man aber tun, um solche Probleme zu vermeiden? Eine einfache Antwort wäre: Mach einfach auch links Krafttraining, um den Körper auszubalancieren. Das könnte man sicher einige Male pro Woche machen. Vor allem könnte man das im Bereich des Nackens tun. Durch das ständige nach einer Seite schauen, ist der Sternocleidomastoid-Muskel, der unter dem Ohr beginnt und bis zum Schlüsselbein geht, auf einer Seite stärker ausgeprägt.
Was geschieht im Gehirn?
Zudem passiert ja dabei auch im Gehirn einiges, wenn man immer nur einseitig schießt. Zum Beispiel ist die Zieltechnik, egal wie man jetzt genau zielt, davon betroffen. Im Gehirn gibt es offensichtlich einen Mechanismus, der eine Weiterentwicklung der einen Seite verhindert. Das Gehirn stellt dabei ein Ungleichgewicht in der Ausbildung des Körpers fest. Wenn die Differenz der beiden Körperhälften zu groß ist, stoppt dieser Mechanismus augenscheinlich die Weiterentwicklung. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers (Propriozeption) nach dessen Lage im Raum, den Stellungen von Kopf, Rumpf und Gliedmaßen zueinander sowie deren Veränderungen als Bewegungen mitsamt dem Empfinden für Schwere, Spannung, Kraft und Geschwindigkeit wird dabei angehalten.
Ist das aber nun wirklich für Bogenschützen so wichtig? Je professioneller Bogensport betrieben wird, desto wichtiger wird das. Für eine Weiterentwicklung eines Profis, der jeden Tag einige Stunden schießt, kann das bedeuten, dass er nicht mehr besser werden kann, egal wie viel er oder sie trainiert.
Da es offensichtlich eine maximale Differenz zwischen den beiden Körperhälften gibt, kann man durch Training der anderen Seite erreichen, dass sich auch die „richtige„ Seite weiterentwickelt; wohlgemerkt nicht nur muskulär.
Schlussfolgerung
Hat man Probleme, wie eingangs erwähnt, sollte man überlegen, auf links oder rechts umzusteigen. Dabei muss man sich aber im Klaren sein, dass man wieder von fast Null beginnen muss. Es wird einige Zeit dauern, bis man wieder das gewünschte Level erreicht hat. Wer nicht vorhat zu wechseln und sich nur die Frage stellt, sollte ich auch die andere Seite trainieren, sollte sich Folgendes vor Augen halten.
Hobbyschützen haben sicher in den wenigsten Fällen eine zu große Differenz in der Ausbildung der beiden Körperhälften. Je professioneller man die Sache betreibt, desto wichtiger kann das werden. Und auf Weltklasse-Niveau, wo der Unterschied zwischen einzelnen Schützen oft nur in Nuancen festzustellen ist, kann das durchaus etwas sein, womit man sich beschäftigen sollte. Dabei ist aber nicht so wichtig, dass man mit der anderen Seite gleich gut schießt und trifft.
Wer aber auch links schießen kann, hat gleich mehrere Vorteile. Zum einen wird man bewundert, dass man links genauso gut schießen kann. Zum anderen ist es oft von Vorteil, wenn man einen fremden Bogen ausprobieren möchte, dieser aber andersrum ist.
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